KRISELNDER HARDWAREHERSTELLER: WER MACHT DAS RENNEN UM LENKRADSPEZIALIST ENDOR?

Mit Lenkrädern für Rennsimulationen setzt der deutsche Hersteller Endor jährlich mehr als 100 Millionen Euro um. Zuletzt kriselte das Unternehmen – Gerüchte über eine Enteignung der Aktionäre ließen die Aktie abstürzen.

Computerspiele werden immer realistischer. Wer am PC mit einer Formel-1-Simulation über die Rennstrecken rast, möchte sich auch wie in einem echten Rennwagen fühlen. Dafür investieren virtuelle Motorsportler viel Geld in passende Hardware wie Lenkräder, Pedalen und sogar Schaltungen und Bremsen. Einer der populären Anbieter auf dem Markt ist der deutsche Hersteller Endor aus Landshut, der seine Produkte unter der Marke Fanatec an Kunden auf der ganzen Welt verkauft. Doch das einst erfolgreiche Unternehmen steckt in der Krise. Widersprüchliche Umsatzmeldungen und Gerüchte über eine drohende Enteignung der Aktionäre ließen seine Aktie abstürzen.

Rückenwind durch Corona

Dabei gab es bei Endor in den vergangenen Jahren wenig Grund zum Klagen. Setzte der Hardwarehersteller 2019 noch 36 Millionen Euro um, bekam das Unternehmen durch die Coronapandemie einen Schub. Während der Pandemieeinschränkungen vertrieben sich viele Menschen die Zeit nicht nur mit dem Streamen von Filmen und Serien, sondern auch mit Videospielen. Das spürte man auch bei Endor: Das Unternehmen steigerte den Umsatz im Jahr 2020 auf 90 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss verdreifachte sich von vier auf mehr als zwölf Millionen. Euro. Doch auf der Hardwarehersteller konnte das Wachstumstempo bei Umsatz und Gewinn nicht halten.

Im Januar 2024 senkte Endor seine Prognosen für das abgelaufene Jahr. Den Umsatz sieht man jetzt nur noch in einer Spanne von 102 Millionen bis 106 Millionen Euro, statt wie zuvor bei 105 Millionen bis 115 Millionen Euro. „Das abgelaufene Geschäftsjahr war noch immer geprägt von der Chipkrise und deren Auswirkungen“, teilte der damalige CEO Thomas Jackermeier zu Jahresbeginn mit. 

Zudem ist Endor abhängig von der Softwareindustrie. Stürmt ein Rennspiel die Spielecharts, kurbelt das den Umsatz des Hardwareherstellers an. Doch Verkaufsschlager unter den Rennsimulationen gab es zuletzt wenige. Unter anderem diese Faktoren setzten eine Negativspirale in Gang, die für Verunsicherung bei Anlegern sorgte und den Börsenkurs von Endor zwischenzeitlich auf 55 Cent abstürzen ließ. Anfang des Jahres wurde die Aktie noch bei sieben Euro gehandelt. Aktuell notiert das Papier nach einer leichten Erholung bei etwa 1,50 Euro.

Zwei Tage nach der Gewinnwarnung vom 30. Januar veröffentlichte Endor überraschend einen positiven Ausblick für das Geschäftsjahr 2024, der eine Rückkehr zu einem positivem operativen Ergebnis vor Wertberichtigungen (Ebitda) prognostizierte. „Die erwartete Ebitda-Marge soll im Jahr 2024 in einer Bandbreite von acht bis zehn Prozent liegen“, teilte Finanzvorstand Matthias Kosch am 2. Februar mit. Für das Jahr 2023 rechnete Endor mit einer Ebitda-Marge von minus 10 bis minus 15 Prozent. Die angekündigte Wunder-Erholung ließ Anleger verwirrt zurück. 

Für erneute Unruhe sorgte dann eine Personalmeldung: Am 16. Februar teilte Endor in einer kurzen Stellungnahme mit, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Oliver Gosemann sein Amt niederlege. Gründe für die Entscheidung nannte das Unternehmen nicht.

Hard Goodbyes

Ende März schreckte der Hardwarehersteller Anleger mit einer weiteren Mitteilung auf. Endor teilte mit, dass es „Verhandlungen mit kreditgebenden Banken über eine Standstill-Vereinbarung bis zum 30. Juni 2024 bezüglich der bestehenden Kredite“ gebe. Die Vereinbarung sei an „Bedingungen geknüpft“. Eine davon: Die Abberufung des CEO, des Firmengründers und Mehrheitsaktionärs Thomas Jackermeier, der das Unternehmen Ende März verlassen musste. Laut einem Insiders ist das ein ungewöhnlicher Vorgang. „Dass Banken die Stillhaltevereinbarung nur verlängern, wenn der CEO geht: Das passiert nicht so häufig“, sagt er.

Für noch mehr Verunsicherung sorgte eine weitere Meldung aus Landshut, die am 24. April veröffentlicht wurde. Darin teilt das Unternehmen mit, dass „der Vorstand der Endor AG in Abstimmung mit den finanzierenden Banken einen Investorenprozess zur Rekapitalisierung initiiert“ habe. Man befinde sich in „fortschreitenden Gesprächen mit Investoren“, heißt es weiter. Abhängig von den Angeboten der Investoren würden verschiedene Optionen geprüft. „Der Investorenprozess wird ergebnisoffen geführt und der Vorstand prüft eine Zuführung von Eigenkapital durch Kapitalerhöhungen ebenso wie einen Investoreneinstieg mit Instrumenten nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG)“, teilt Endor weiter mit.

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Ein StaRUG-Verfahren soll kriselnden Unternehmen eine Sanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens ermöglichen. Mithilfe des Gesetzes können sich Firmen vor einer drohenden Pleite in ein Restrukturierungsverfahren flüchten. Ein Vorteil für Unternehmen: Das Verfahren erlaubt mit Zustimmung einer Mehrheit der Gläubiger die Durchsetzung weitreichender Eingriffe – gegebenenfalls auch zum Nachteil anderer Gläubiger oder Aktionäre. Für Aktionäre bedeutet das in der Regel einen Totalverlust. Für die problematische Anwendung des StaRUG gibt es mittlerweile einige prominente Beispiele, etwa den Autozulieferer Leoni oder die Datingplattform Spark Networks.

Rettungspaket vom Mehrheitsaktionär

Der Ende März entmachtete Firmengründer Thomas Jackermeier will ein StaRUG-Verfahren bei Endor verhindern. Er legte am 25. April ein Paket vor, das frisches Kapital und Liquidität umfassen soll. „Insgesamt belaufen sich diese Mittel auf knapp 25 Millionen Euro und würden das Unternehmen bis Ende 2026 durchfinanzieren“, teilt Jackermeier mit. Seinem Plan zufolge soll es noch im Mai eine Kapitalerhöhung über 7,7 Millionen Euro zu einem Euro je Aktie geben. Dazu kommen Darlehen und eine Wandelanleihe im Volumen von insgesamt 17 Millionen Euro. Ein wichtiger Baustein, um Endor wirtschaftlich wieder auf Kurs zu bringen, soll auch die Immobilie am Unternehmenssitz sein. Endors Hauptquartier soll an Investoren verkauft und zurückgemietet werden.

Sowohl die Kapitalerhöhung als auch die Zuführung liquider Mittel sei von vier bestehenden Großaktionären und zwei neuen Investoren bindend unterzeichnet worden, teilt Jackermeier mit. Die vom ehemaligen Vorstand organsierte Alternative zur Restrukturierung liegt den kreditgebenden Banken vor, die laut Jackermeier bereits am heutigen Freitag darüber entscheiden wollen. Der Firmengründer sieht sein Angebot als Alternative zum im Raum schwebenden StaRUG-Verfahren. „Die konkrete Gefahr der Enteignung aller Aktionäre durch das vom Vorstand vorgeschlagene Verfahren ist damit gebannt. Es würden, wie im Falle der Leoni AG, alle Klein- und Großaktionäre enteignet“, sagt Jackermeier. Es bleibt abzuwarten, wer das Rennen um Endor macht.

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